Reproduzierbarkeit von ISO-TOWER Erstarrungsplateaus

Reproduzierbarkeit von ISO-TOWER Erstarrungsplateaus

1. Einleitung

Die Erfassung der Temperatur ist in zahlreichen technischen Prozessen von überragender Bedeutung. Dementsprechend ist es notwendig, gut kalibrierte Temperaturfühler zur Verfügung zu haben. Spätestens seit der Internationalen Temperaturskala von 1990 (ITS-90) werden Termperaturfühler, an die hohe Anforderungen gestellt werden, an Temperaturfixpunkten kalibriert.

Das Kalibrieren an Temperaturfixpunkten gehört beispielsweise zu den Aufgaben der nationalen Kalibrierlaboratorien. Das Procedere ist sehr zeitintensiv und teuer. Trotz des zeitlichen und finanziellen Faktors wird beobachtet, dass mittlerweile auch industrielle Kalibrierlaboratorien vermehrt die Kalibrierung an Temperaturfixpunkten durchführen. Oftmals werden dafür sogenannte schlanke Temperaturfixpunkte verwendet. Die Kalibrierung an schlanken Temperaturfixpunkten führt zwar zu leicht erhöhten Messunsicherheiten, ist aber mit einer erheblichen Kosten- und Zeitersparnis verbunden. Auch wenn sich mit den schlanken Temperaturfixpunkten kostengünstiger und schneller arbeiten lässt, sind die technischen Anforderungen an die Kalibrierung immer noch sehr hoch. Zudem treten durch die kleinere und kompaktere Bauart der schlanken Temperaturfixpunkte immer wieder Probleme mit der Wärmeableitung und den vorhandenen Temperaturgradienten auf. Diese können zwar kompensiert und berücksichtigt werden, müssen aber zuvor sehr aufwendig untersucht werden. Um dieser Problematik Abhilfe zu schaffen, und um noch kostengünstiger und noch einfacher kalibrieren zu können, wurde von der Firma ISOTECH der sogenannte ISO-TOWER entwickelt. Über die neue Kalibriermethode der ISO-TOWER wurden schon einige Vorträge publiziert und Untersuchungsberichte veröffentlicht, beispielsweise auf der „Temperatur 2009“ in Berlin. In dieser Abhandlung wird ausschließlich auf die Reproduzierbarkeit der Erstarrungsplateaus der Aluminium-, Zink- und Zinn-ISO-TOWER eingegangen. Die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen zeigen, mit welcher Reproduzierbarkeit mit den ISO-TOWERN, in Verbindung mit dem auf dem Markt befindlichen Kalibrierequipment, wie zum Beispiel einer MicroK-Messbrücke und Normalthermometern gearbeitet werden kann.

2. Wärmeableitung und Temperaturgradient

Der ISO-TOWER ist eine Neuentwicklung der Firma ISOTECH und hat zu einem neuen Normal in der Temperatur geführt. Im Prinzip handelt es sich dabei um die Kombination eines Wärmerohres mit einem ITS-90 Temperaturfixpunkt. Der Ausgangspunkt für die Entwicklung waren die beim Kalibrieren auftretenden Probleme der Wärmeableitung und des Temperaturgradienten. Um die besten Schmelz- und Erstarrungsplateaus realisieren zu können, sollten Fixpunkte nämlich in Geräten ohne Temperaturgradienten eingesetzt werden. Bedauerlicherweise ist keine Fixpunktzelle lang genug, um die Wärmeableitung des Thermometers zu eliminieren. Die bisher verwendeten Geräte sind deswegen so konstruiert, dass durch Reflektoren und verschiedene Isolationsschichten die Wärmeableitung reduziert wird. Die daraus resultierenden Ergebnisse sind ein komplexer und teurer Kompromiss ohne wissenschaftliche Basis. Die erste Patentanmeldung der neuen ISO-TOWER ist eine Kombination zwischen einer metallgefassten Fixpunktzelle und einem Wärmerohr. Wenn das Wärmerohr aufgeheizt wird, wird eine ideale isothermale Umgebung für das Metall erzeugt, um den Aggregatzustand zu ändern.
Das äußere Gehäuse der Zelle wird nun zur inneren Wand des Wärmerohres. Dies hat funktionelle und monetäre Vorteile. Das daraus entstandene Gerät wird „Siphonic-Zelle“ genannt. Siphonic- Zellen können aus Indium, Zinn, Zink, Aluminium, Silber, Gold oder Kupfer hergestellt werden. Als Arbeitsmedien in diesen Wärmerohren werden verwendet: Wasser für die unteren Temperaturen bis Zinn, für den Zinkfixpunkt bei 400°C werden die Arbeitsmedien Caesium oder Kalium verwendet und Aluminium wird mit Natrium bei 660°C in Betrieb genommen. Das zweite Problem bei bisherigen Kalibrierungen steht im Zusammenhang mit der Eintauchtiefe. Als Lösungsansatz für die Eintauchtiefen Kompensation wurde ein zweites Patent entwickelt, der „Immersion Compensator“. Der Abstand von der Oberfläche zum Boden des Messkanals beträgt 180mm und reicht für die meisten SPRT´s nicht aus. Die Prüflinge werden deswegen durch eine isothermale Zone über der Zelle geführt, die sich auf Phasenübergangstemperatur befindet. Diese Heizzone wird nun Immersion Compensator genannt und befindet sich über der Siphonic-Zelle. Werden diese beiden Patente zusammengeführt, entsteht ein handliches Tischgerät, eben der
ISO-TOWER. In diesem befindet sich die Siphonic-Zelle im unteren Bereich der Heizung und darüber angeordnet der Immersion Compensator. Die Siphonic-Zelle ist wie ein „Dewar-Gefäß“ aufgebaut und hat keinen Wärmeverlust am Boden. Unter Verwendung des Immersion Compensators sind keine Wärmeverluste nach oben festzustellen. Extrem lange Plateaus mit extrem kleinen Reglereinstellungen (Offsets) sind erreichbar.

3. Allgemeine Vorbereitungen

Bei den ISO-TOWERN handelt es sich um Tischgeräte. Damit die Untersuchungen, die wir an den ISO-TOWERN durchgeführt haben, eine vertrauenswürdige Aussagekraft erhalten und wir gegebenenfalls in der Lage wären, Vergleichsmessungen gegen andere Labore durchführen zu können, haben wir alle ISO-TWER zusätzlich mit kleinsten Messunsicherheiten von einem UKAS akkreditierten Labor kalibrieren lassen. Die Messunsicherheiten betragen für Zinn 0,8 mK, für Zink 1 mK und für Aluminium 2 mK. Die Messunsicherheiten sind nach dem Zertifikat mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% angegeben (K=2). Neben den UKAS-Zertifikaten umfasst die Kalibrierung noch weitere Angaben, nämlich über die Reinheit des Fixpunktmaterials, des Graphits und Angaben über das verwendete Gas und des Gasdrucks in der Zelle. Alles in allem entspricht die Kalibrierung der ISO-TOWER einer Kalibrierung, wie sie bei primären Fixpunktzellen für nationale Laboratorien durchgeführt wird.

Versuchsaufbau der Kalibriereinrichtung

Bei den ersten Messungen, bei denen die ISO-TOWER noch nicht in den normalen Workflow eingebunden waren, wurde die Verbindung zu unserer „MicroK“ provisorisch hergestellt. Zunächst wurde ein neues Kabel mit Schraubverbindungen gebaut. Damit konnten die ISO-TOWER mit einem „MicroSkanner“ verbunden werden, der sich in circa 3 m Entfernung in einer Messkammer befindet. Der „MicroSkanner“ steht wiederum mit einer „MicroK“ in Verbindung, die an einem fest installierten und rechnergestütztem Arbeitsplatz steht.

Eine Frage stellt sich in Bezug auf den Messaufbau. Werden durch den provisorischen Aufbau Fehler produziert? Wenn ja, in welchem Ausmaß machen sich diese bemerkbar? Die Funktion der „MicroK“ ist es, die Messkette auszumessen. Wie der Name „MicroK“ schon vermuten lässt, dürften auftretende Messfehler sehr gering sein. Beim Ausmessen der Messkette ist höchste Präzision erforderlich.
Zum Ausmessen der Messkette wurden Pt 25 Normalthermometer und Wasser-Tripelpunkte verwendet. Folgende Versuche wurden durchgeführt:

1. Versuch

Das Pt 25 Normalthermometer, das sich auf Wasser-Tripelpunkt-Temperatur befindet, wird direkt an die „MicroK“ angeschlossen. Als Referenzwiderstand wird ein externer, kalibrierter Tinsley-Widerstand verwendet. Die Mess-Software ermittelt einen stabilen Messwert von 25,372971 Ohm. Dieser Wert stellt den Ausgangswert für alle weiteren Untersuchungen dar.

2. Versuch

Das gleiche Thermometer wird an den „MicroSkanner“ angeschlossen. Nun wird erneut der Wasser-Tripelpunkt ausgemessen. Dabei kann ein Wert von 25,372961 Ohm ermittelt werden.

3. Versuch

In einem dritten Versuch wird die gesamte Messkette am Wasser-Tripelpunkt ausgemessen und ein Ergebnis von 25,372965 Ohm registriert. Alle Abweichungen der Messwerte sind kleiner als 100 µK. Damit ist sichergestellt, dass die provisorische Messkette verwendet werden kann. Sie verursacht nur einen geringen Fehler, der zum Gesamtergebnis beiträgt. Wenn die 100 µK nicht mehr ausreichen, müssen die Thermometer direkt an die „MicroK“ angeschlossen werden. Weitere Grundsatzuntersuchungen sind unter anderem die Feststellung der Reglerabweichung zur Absoluttemperatur. Die Untersuchungen sind erfolgt. Des weiteren ist der Immersion Compensator soweit optimiert worden, dass bei verschiedenen Eintauchtiefen keine relevanten Fehler mehr auftreten.

Die ersten Erstarrungsplateaus des Aluminium ISO-TOWERS

Da ein Erstarrungspunkt im Vergleich zu einem Schmelzpunkt mit einer höheren Reproduzierbarkeit wiederholt werden kann, wurde mit dem Aluminium-Erstarrungspunkt begonnen. Die Erstarrungstemperatur von Aluminium liegt bei 660,323°C. Im ersten Schritt muss das Aluminium des ISO-TOWERS langsam und kontrolliert durchgeschmolzen werden. Das geschieht, indem die Temperatur des ISO-TOWERS zunächst einmal auf 2°C unterhalb der Schmelzpunkttemperatur von Aluminium eingestellt wird. Nachdem sich der ISO-TOWER stabilisiert hat, wird im zweiten Schritt die Temperatur auf 1°C oberhalb der
Schmelzpunkttemperatur eingestellt. Um sicher zu stellen, dass das komplette Aluminium durchgeschmolzen ist, sollte die Temperatur weiter erhöht werden, insgesamt auf 2°C oberhalb der Erstarrungstemperatur. Der Zeitpunkt, an dem das komplette Aluminium im ISO-TOWER durchgeschmolzen ist, kann recht einfach durch das Ablesen des mitgeschriebenen Temperaturverlaufs ermittelt werden.

Die Erstarrung

Wenn sich das Aluminium im ISO-TOWER garantiert im flüssigen Zustand befindet, kann mit der eigentlichen Erstarrung begonnen werden. Die Reglertemperatur des ISO-TOWERS wird nun wieder gesenkt, beispielsweise auf 1°C unterhalb der Erstarrungstemperatur des Aluminiums. Da das Aluminium jedoch in einem hochreinen Zustand vorliegt, kann es nicht selbstständig erstarren, auch wenn dessen Temperatur unterhalb der eigentlichen Erstarrungstemperatur liegt. Der Erstarrungsprozess muss deswegen manuell in Gang gesetzt, also initiiert werden. Man spricht dabei vom sogenannten Supercool-Effekt. Der Supercool wird zum Beispiel mit einem Glasstab initiiert. Dabei wird der Glasstab in den Messkanal eingeführt. Durch die Kälte, die mit dem Glasstab in die Fixpunktzelle gebracht wird, wird der Supercool-Effekt eingeleitet und das Aluminium beginnt zu erstarren. Der Prozess der Erstarrung dauert ungefähr 10 Stunden.

Ergebnis

Die Grafiken 1 und 2 zeigen die ersten beiden Erstrrungskurven, die mit dem Aluminium ISOTOWER aufgenommen wurden. Als Erstarrungstemperatur wird der maximale Temperaturwert während der Erstarrung angenommen. Der Maximalwert der Kurve in der ersten Graphik kann bei 85,648473 Ohm ermittelt werden, der Maximalwert der Kurve in der zweiten Graphik bei 85,648441 Ohm. Die Differenz der beiden Aluminiumerstarrungen beträgt ungefähr 300 µK. Das ist ein ganz hervorragendes Ergebnis für die allerersten aufgenommenen Kurven des Aluminium ISOTowers.

4. Untersuchung der Reproduzierbarkeit

Versuchsaufbau und Durchführung der eigentlichen Messungen entsprechen in etwa dem des bereits beschriebenen Versuchsaufbaus.
Folgende Ausstattung wurde verwendet:
Die Einstellung des Emersion Compensator wurde vor Versuchsbeginn einmalig ermittelt und während den Kalibrierungen nicht mehr verändert. Als Referenzmessbrücke wird eine MicroK 400 verwendet, die mit der RS232-Schnittstelle mit dem PC verbunden ist. Dadurch können Messschriebe protokolliert und gespeichert werden. Als Messstellenumschalter wird ein MikroSkanner verwendet. Der MicroSkanner ist im Labor integriert und wird über die MicroK angesteuert und ausgewertet. Es ist somit nicht mehr notwendig den MicroSkanner über eine Schnittstelle mit dem PC zu verbinden. Als Referenzwiderstände werden Tinsley-25 Ohm-Widerstände verwendet. Diese sind temperiert; die Temperatur der Widerstände wird erfasst und sie werden direkt als externe Referenzwiderstände an die MicroK 400 angeschlossen, wobei der Kalibrierwert in die MicroK einprogrammiert wird.

Schwachstellen

Schwächstes Glied der Messkette in diesem Versuchsaufbau sind die Widerstandsthermometer, da sie durch Verwendung bei hohen Temperaturen driften können. Deswegen werden hochstabile ISOTECH 670 Normalthermometer verwendet. Vor dem Einsatz sind diese vollständig ausgealtert worden und die Stabilität wurde mit Wasser-Tripelpunkten nachgewiesen.

Komfortables Arbeiten

Um das Arbeiten mit den ISO-TOWERN möglichst einfach und komfortabel zu gestalten, können diese durch einen Timer oder die RS232-Schnittstelle automatisiert werden. Am einfachsten geht das, indem die ISO-TOWER beziehungsweise das Fixpunktmaterial in den ISO-TOWERN über Nacht durchgeschmolzen wird, sodass am Beginn des Arbeitstages nur noch die Erstarrung initiiert werden muss. Das Schmelzen kann voll automatisiert werden. Durch das Automatisieren der ISOTOWER ist sichergestellt, dass an jedem Arbeitstag an den Temperaturfixpunkten gearbeitet werden kann. Darüber hinaus erhöht die Automatisierung die Reproduzierbarkeit der Fixpunktplateaus. Auch bei diesen Versuchsdurchführungen wurden die ISO-TOWER automatisiert.

Messergebnisse

Im Folgenden sind die ersten Messergebnisse aufgeführt. Der hydrostatische Druckeffekt und die Eigenerwärmung sind bei den angegebenen Widerstandswerten schon korrigiert.

Aluminium-ISO-TOWER
Erstarrungsplateau vom 18.11.2009: 85,64842983 Ohm
Erstarrungsplateau vom 19.11.2009: 85,64841248 Ohm
Differenz der 2 Plateaus: 0,0000173 Ohm

Zink-ISO-TOWER
Erstarrungsplateau vom 20.01.2010: 65,86012406 Ohm
Erstarrungsplateau vom 21.01.2010: 65,86012787 Ohm
Differenz der 2 Plateaus: 0,0000038 Ohm

Zinn-ISO-TOWER
Erstarrungsplateau vom 02.02.2010: 48,52849764 Ohm
Erstarrungsplateau vom 03.02.2010: 48,52849100 Ohm
Differenz der 2 Plateaus: 0,0000066 Ohm

5. Fazit

Diese Untersuchungsergebnisse zeigen, dass im täglichen Laborbetrieb anhand der ISO-TOWER mit relativ kleinen Messunsicherheiten und einer hohen Reproduzierbarkeit gearbeitet werden kann.